BITV 2.0 – Barrierefreiheit ernst nehmen und richtig umsetzen
Während die einen noch stolz ein Add-on wie „Eye-Able“ einbauen und glauben, das Thema damit abgehandelt zu haben, wissen wir: Echte Barrierefreiheit ist kein Plugin. Sie ist eine Haltung, eine Architekturfrage – und ein Versprechen an alle Nutzer:innen.
Warum es mehr braucht als ein Audit
Klar, ein Audit gehört dazu. Aber man muss es nicht mystifizieren.
Es gibt kostenlose Tools wie Google Lighthouse oder WAVE, die schon wertvolle Hinweise liefern. Der entscheidende Schritt beginnt nach der Bestandsaufnahme:
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Welche Anforderungen müssen wirklich erfüllt werden?
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Für wen werden Inhalte und Funktionen zugänglich gemacht?
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Und wie sieht der Plan aus, um das konsequent und nachhaltig umzusetzen?
Gerade bei Neuentwicklungen bringt ein reines Audit wenig – hier zählt ein klarer Fahrplan mit Prioritäten.
Architektur vor Kosmetik
Ein Text-Skalierungs-Button oder kontrastreiche Farbvarianten können helfen – aber sie sind nur die Spitze des Eisbergs.
Die Basis ist die richtige Architektur:
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Sinnvolle Semantik in HTML und saubere Nutzung von Elementen und Tags – die Basis einer klaren Informationsarchitektur, die Menschen und Maschinen gleichermaßen Orientierung gibt.
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Technische Standards, die Screenreader und Tastatur-Navigation problemlos ermöglichen
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Strukturen, die Orientierung bieten – nicht nur visuell, sondern auch maschinenlesbar
Unsere Erfahrung aus komplexen Projekten (wie einem großen Corporate-Auftritt, den wir nicht namentlich nennen dürfen) zeigt: Wer Barrierefreiheit von Anfang an in die Konzeption einbettet, spart sich teure Nachbesserungen und erreicht eine breitere Zielgruppe.
Content ist genauso relevant wie Technik
Zu oft wird Barrierefreiheit rein technisch gedacht. Doch der Inhalt ist ebenso entscheidend:
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Sind Bilder aussagekräftig beschrieben und sinnvoll verschlagwortet?
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Gibt es alternative Textvarianten, z. B. in leichter Sprache?
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Werden Inhalte so strukturiert, dass sie auch ohne visuelle Unterstützung verständlich sind?
Hier tragen nicht nur Entwickler:innen Verantwortung, sondern vor allem die inhaltlich Verantwortlichen. Ohne klare Guidelines für Redaktionen und Content-Teams wird selbst der beste Code keine echte Barrierefreiheit schaffen.
Weg vom Pflichtgefühl, hin zum Mehrwert
Das Gesetz mag es vorschreiben – aber echte Barrierefreiheit sollte nicht aus Zwang entstehen, sondern aus Überzeugung.
Denn: Wer digitale Angebote ohne Barrieren gestaltet, schließt nicht nur niemanden aus, sondern erreicht bewusst mehr Menschen. Und damit auch mehr potenzielle Kund:innen.
Fazit
Barrierefreiheit ist kein Häkchen auf einer To-Do-Liste.
Es ist eine strategische Entscheidung, die Technik, Design und Inhalt gleichermaßen betrifft. Wer sich auf vermeintlich schnelle Komplettlösungen verlässt, wird langfristig enttäuscht. Wer dagegen strukturiert plant, alle Beteiligten einbindet und Qualitätsstandards ernst nimmt, sorgt für digitale Erlebnisse, die für alle funktionieren.